Dass Chromate bei der Verwendung (erd-)alkalischer Hochtemperaturmaterialien auf Edelstahlheißteilen entstehen, wird mittlerweile gar nicht mehr abgestritten, auch wenn permanent versucht wird, die Warnmeldungen so zu gestalten, dass der Eindruck entsteht, dass man halt nichts machen kann oder das Risiko denkbar gering ist.
Neu ist allerdings, dass auch PKW's betroffen sind; so gelang es unserem Team an zwei verschiedenen Fahrzeugen Chromate im Bereich der Abgasnachbehandlung nachzuweisen:
Bildreihe oben: Mercedes Benz W123
Bildreihe unten: Audi A6 V6
Das Ergebnis verwundert nicht, denn auch im Motorenbereich von Kraftfahrzeugen werden insbesondere im Abgasnachbehandlungsbereich, aber auch an Turboladern und anderen Heißteilen die gleichen Isoliermaterialien wie in der Industrie eingesetzt und diese enthalten nun einmal insbesondere Calcium- und/oder Natriumoxide in ausreichender Form, um thermochemisch zu reagieren und die krebserregenden und chronisch umweltschädlichen Chromate, also sechswertige Chromverbindungen entstehen zu lassen.
Bereits im Dezember 2023 warnte die Firma MAN Truck & Buses SE vor Chromatentstehung bei Grossmotoren:
Es ist also davon auszugehen, dass auch schwere Nutzfahrzeuge (LKW) und Baumaschinen betroffen sind, denn überall im Motorenbereich finden sich (erd-)alkalimetalloxidhaltige Isolationsmaterialien.
durch Einsparungen in der Fertigungstechnik bei metallischen Motorenisolierungen wird die Entstehung von Chrom (VI) noch verstärkt
bei den so genannten metallischen Integralisolierungen wurden anfänglich die Heißteile mit einem Isolationsstoff umwickelt und anschließend mit einer Metallfolie dicht und umlaufend verschweißt, was die Entstehung der krebserregenden Chromate insofern verhindert, weil weder Feuchtigkeit oder Sauerstoff auf die Isoliermaterialien einwirken konnten.
Heutzutage werden die Metallelemente nur noch teilverschweißt oder geclipst angebracht.
Diese Einsparungen in der Fertigungstechnik führen dazu, dass die Isoliermaterialien Feuchtigkeit aufnehmen, was bei insbesondere calciumhaltigen Isolationsmaterialien zur Bildung von Calciumhydroxid führt.
Obwohl Calcium ein Erdalkalimetall ist (erdalkalisch), ist Calciumhydroxid basisch und basische Elemente sind in der Lage, die Passivschicht von Edelstahl anzugreifen.
Chrom (III)-Oxide, die wichtige Bestandteile der Edelstahllegierung sind, werden durch die Einwirkung basischer Lösungen auf die Passivschicht freigesetzt und reagieren nun thermochemisch mit den in den Isolationsmaterialien enthaltenen (Erd-)Alkalioxiden, hauptsächlich Calciumoxid oder Natriumoxid und bilden dann, in Sauerstoffumgebung die krebserregenden und chronisch umweltschädlichen Chromate Calcium- und/oder Natriumchromat.
Gefährdung für Fahrzeuginsassen, Servicebetriebe und für die Umwelt
Chromate sind feinste Partikel und weltweit als krebserregend eingestuft. Als KMR-Stoffe gibt es keine Toleranzwerte am Arbeitsplatz, sondern so genannte Expositions-Risiko-Bewertungen. Selbst bei einem Mikrogramm Chrom (VI)-Verbindungen je Kubikmeter Umgebungsluft liegt das Risiko einer Krebserkrankung noch bei 4:1000, also vier zu erwartenden Krebserkrankungen von 1.000 Betroffenen, die Chrom (VI)-Verbindungen ausgesetzt sind.
Da Chrom (VI)-Verbindungen auch als hauresorptiv gelten, sind insbesondere Mechaniker und Servicemitarbeiter ebenfalls einem hohen Risiko ausgesetzt. Die feinen Partikel können sich überall im Motorraum absetzen, insofern dürften bei korrekter Auslegung aller Vorschriften, Reparatur- oder Service- Arbeiten nur in vollständiger Arbeitsschutzkleidung durchgeführt werden.
Auch für die Umwelt besteht eine große Gefahr. Die als chronisch umweltschädlich mit langfristigen Folgen für Wasserorganismen (H410) eingestuften Chromate dürfen keinesfalls ins Grund- oder Abwasser gelangen.
Während man in einem Werkstattbetrieb noch gezielt auf Gefährdungen reagieren kann, ist es unmöglich zu verhindern, dass die gefährlichen Substanzen im Fahrbetrieb in die Umwelt abgeleitet werden.
Wieder einmal zeigt sich, wie gewaltig das Chromatdesaster ist, denn im Vergleich zu Asbestfasern sind Chromate in deutlich mehr Kategorien als schädlich eingestuft. Sowohl Asbest, als auch Chrom (VI)-Verbindungen teilen sich die Klassifizierung "H350 - kann Krebs erzeugen". im Gegensatz zu Chrom (VI)-Verbindungen gelten aber Asbestfasern nicht als chronisch umweltschädlich.
Würde man Asbestfasern im Motorraum entdecken, wäre das sicherlich ein Skandal für die Automobilindustrie. Findet man aber deutlich schädlicher eingestufte Substanzen, wie zum Beispiel Chromate, bleibt es (noch) verdächtig ruhig.
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