Isolieren war schon immer eine staubige Sache und ja, es gibt angenehmere Berufe.
Nicht umsonst gibt es aber Schmutzzulagen o.ä.
Zumindest auf dem Papier - ausgezahlt und angerechnet werden die wenigsten vorgeschriebenen Leistungen, denn wer will schon wegen ein paar Zusatzprozenten seinen Job verlieren? Aber auch das ist eine andere Geschichte...
Was aber, wenn die Stäube nicht "nur" Staub sind, sondern krebserregende und erbgutverändernde Schwermetallverbindungen wie z. B. Chrom (VI)-Verbindungen?
Mittlerweile gibt es den sog. "Chrom VI-Schnelltest" - Sicherheit geht vor?
Theoretisch schon.
AG: Hallo?
AN: Hey Boss, wir haben hier Chrom (VI) auf der Baustelle!
AG: Wer weiß davon?
AN: Momentan nur Du und ich!
AG: Ok.
AN: Was jetzt?
AG: Wir haben noch zwei weitere Baustellen, alles knapp kalkuliert, wir..
AN: also?
AG: ..können jetzt nicht mit der Kavallerie und im Raumanzug antreten,...
AN: wir haben auch nur zwei Schutzanzüge?!
AG: ..vor allem stehen da noch drei Anlagen, die wir letztes Jahr gemacht haben...
AN: also??
AG: ..das gibt nur Ärger, seid vorsichtig und komm' nach Projektende mal ins Büro!
AN: die alte Isolierung trotzdem wieder draufmachen?
AG: Ja, sieht blöd aus, wenn wir das alles kaputtschreiben.
AN: Und das was nicht mehr zu verwenden ist?
AG: Sollen sie selber wegschmeissen, haben sie ja auch bezahlt.
AN: Ok!
Das ist natürlich ein völlig frei erfundener Dialog, so etwas passiert nur in der Phantasie des Autors, aber natürlich nicht im realen Leben auf der Baustelle ;)
Am 18.02.2021 habe ich mal beim Landesinstitut für Arbeitsgestaltung des Landes NRW nachgefragt, eine sehr interessante Seite, Sie finden Sie unter komnet(dot)NRW(dot)de.
Frage:
"Bei der Demontage von Isolierelementen auf Rohrleitungen bzw. Motoren zeigt der Cr (VI)-Schnelltest dunkelste Verfärbungen, was auf einen Cr (VI)-Gehalt von bis zu 10 Mikrogramm schliessen lässt und das flächendeckend auf vielen Anlagen. Trotz Hinweis passiert auf den Baustellen/Kraftwerken nichts, zum Teil werden gebrauchte Teile, die möglicherweise kontaminiert sind "normal" entsorgt, viele Isolierer tragen noch nicht einmal Schutzausrüstung? Wie müsste man eigentlich vorgehen (GefStoffV/ArSchG/TRGS)"?
Zum Verständnis wurden der Frage folgende Bilder beigefügt:
Die Antwort kam ziemlich zügig und umfangreich:
Vorab:
Ihrer Anfrage bzw. Schilderung halten wir für besorgniserregend und bitten Sie zum Schutz der Beschäftigten auf der Baustelle/Kraftwerken mit der vor Ort zuständigen Arbeitsschutzbehörde (für die von Ihnen angegebene PLZ liegt die Zuständigkeit bei der Bezirksregierung Münster) und ggf. mit der Berufsgenossenschaft unverzüglich (ggf. auch anonym) in Kontakt zu treten, damit vor Ort eine zeitnahe entsprechende Überprüfung stattfinden und die notwendigen Maßnahmen besprochen bzw. eingeleitet werden können.
Laut Wortlaut des § 6 Abs. 1 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) hat der Arbeitgeber im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung als Bestandteil der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) festzustellen, ob die Beschäftigten Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben oder ob bei Tätigkeiten Gefahrstoffe entstehen oder freigesetzt werden können. Ist dies der Fall, so hat er alle hiervon ausgehenden Gefährdungen der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten unter folgenden Gesichtspunkten zu beurteilen:
gefährliche Eigenschaften der Stoffe oder Zubereitungen, einschließlich ihrer physikalisch-chemischen Wirkungen,
Informationen des Herstellers oder Inverkehrbringers zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit insbesondere im Sicherheitsdatenblatt,
Art und Ausmaß der Exposition unter Berücksichtigung aller Expositionswege; dabei sind die Ergebnisse der Messungen und Ermittlungen nach § 7 Absatz 8 zu berücksichtigen,
Möglichkeiten einer Substitution,
Arbeitsbedingungen und Verfahren, einschließlich der Arbeitsmittel und der Gefahrstoffmenge
Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte,
Wirksamkeit der ergriffenen oder zu ergreifenden Schutzmaßnahmen,
Erkenntnisse aus arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge.
Der Arbeitgeber darf gemäß § 7 GefStoffV eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen erst aufnehmen lassen, nachdem eine Gefährdungsbeurteilung nach § 6 durchgeführt und die erforderlichen Schutzmaßnahmen nach Abschnitt 4 ergriffen worden sind.
Um die Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten bei allen Tätigkeiten mit Gefahrstoffen zu gewährleisten, hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen nach dem Arbeitsschutzgesetz und zusätzlich die nach dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
Dabei hat er die nach § 20 Absatz 4 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnisse zu berücksichtigen. Bei Einhaltung dieser Regeln und Erkenntnisse ist in der Regel davon auszugehen, dass die Anforderungen dieser Verordnung erfüllt sind.
Von diesen Regeln und Erkenntnissen kann abgewichen werden, wenn durch andere Maßnahmen zumindest in vergleichbarer Weise der Schutz der Gesundheit und die Sicherheit der Beschäftigten gewährleistet werden.
Der Arbeitgeber hat Gefährdungen der Gesundheit und der Sicherheit der Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen auszuschließen.
Ist dies nicht möglich, hat er sie auf ein Minimum zu reduzieren.
Diesen Geboten hat der Arbeitgeber durch die Festlegung und Anwendung geeigneter Schutzmaßnahmen Rechnung zu tragen. Dabei hat er folgende Rangfolge zu beachten:
1. Gestaltung geeigneter Verfahren und technischer Steuerungseinrichtungen von Verfahren, den Einsatz emissionsfreier oder emissionsarmer Verwendungsformen sowie Verwendung geeigneter Arbeitsmittel und Materialien nach dem Stand der Technik,
2. Anwendung kollektiver Schutzmaßnahmen technischer Art an der Gefahrenquelle, wie angemessene Be- und Entlüftung, und Anwendung geeigneter organisatorischer Maßnahmen,
3. sofern eine Gefährdung nicht durch Maßnahmen nach den Nummern 1 und 2 verhütet werden kann, Anwendung von individuellen Schutzmaßnahmen, die auch die Bereitstellung und Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung umfassen.
Die Beschäftigte müssen die bereitgestellte persönliche Schutzausrüstung verwenden, solange eine Gefährdung besteht. Die Verwendung von belastender persönlicher Schutzausrüstung darf keine Dauermaßnahme sein. Sie ist für jeden Beschäftigten auf das unbedingt erforderliche Minimum zu beschränken.
Der Arbeitgeber stellt sicher, dass
1.die persönliche Schutzausrüstung an einem dafür vorgesehenen Ort sachgerecht aufbewahrt wird,
2.die persönliche Schutzausrüstung vor Gebrauch geprüft und nach Gebrauch gereinigt wird und
3.schadhafte persönliche Schutzausrüstung vor erneutem Gebrauch ausgebessert oder ausgetauscht wird.
Neben den Grundpflichten des § 7 GefStoffV hat der Arbeitgeber auch die §§ 8,9 u. insbesondere § 10 GefStoffV zu berücksichtigen.
An dieser Stelle machen wir Sie auf die nachfolgende Technische Regel für Gefahrstoffe
und auf die LASI-Veröffentlichung LV 55 - Tätigkeiten mit krebserzeugenden Gefahrstoffen - Das risikobezogenene Maßnahmenkonzept nach TRGS 910- aufmerksam.
Auf der Internet Seite der BAuA „Chrom(VI)-Verbindungen - Begründung zur Exposition-Risiko-Beziehung: Chrom(VI)-Verbindungen" erhalten Sie weitere Informationen.
Interessant der Hinweis, dass auch anonymen Hinweisen nachgegangen wird; ein Schelm, wer böses dabei denkt.
Wussten Sie eigentlich, dass ein amerikanischer Motorenhersteller seinen Anwendern empfiehlt, bei Revisionsarbeiten die abgenommene Isolierung gründlich vom Calciumchromat sauber zu waschen, diesen Vorgang zwei bis drei Tage zu wiederholen, gleichzeitig aber darauf hinweist, dass der Waschvorgang bei der nächsten Revision dann zu wiederholen ist?
Bleiben Sie dieser Seite verbunden und bleiben Sie bitte gesund.
Und wenn Sie Isolierer sind, fragen Sie doch mal bei Ihrem Sicherheitsbeauftragten nach, ob er mal mit auf die Baustelle möchte, ist ja schliesslich alles nicht so schlimm ;)
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